"Zuhören können - nicht nur den Worten, sie sind Resultat (!)
- sondern den Schwingungen, dem Werdeprozess" 

                                                         Tagebucheintragung 1986

In memoriam Christian Ludwig Lutz (1951-2021)
Doktor der Philosophie, Musiker,
ein liebender Lebensgefährte,
ein einfühlsamer Mensch

 

 

 

Hören, fühlen, begegnen im Zwischen, auf schmalem Grat Antworten auf Fragen finden - das Zwischen verband uns in 50-jähriger harmonischer Partnerschaft, und über den Tod hinaus.   
 
"Jenseits des Subjektiven, diesseits des Objektiven, auf dem schmalen Grat,
darauf Ich und Du sich begegnen, ist das Reich des Zwischen."
                                                      Martin Buber, Das Problem des Menschen   
 
 

Was ist ein Zwischen? Der Begriff war schon in der Antike bekannt. Philosophen verschiedener Epochen sahen das Zwischen (griechisch metaxý) als etwas Schwebendes an. Sie sahen und sehen darin etwas, das noch nicht Wirklichkeit geworden ist, noch nicht Gestalt angenommen hat, oder auch als etwas Atmosphärisches, etwas, das "in der Luft liegt". Das Zwischen lässt sich demnäch nicht definieren.

Kant, Schopenhauer, Heidegger, Jaspers, Kierkegaard, Levinas (um nur einige bekannte Philosophen zu nennen), auch die Psychiater Binswanger und Wyss haben sich mehr oder weniger mit dem Zwischen auseinandergesetzt. Ganz besonders hat sich der jüdische Religionsphilosoph Martin Buber dem Zwischen gewidmet. Buber erkennt im Zwischen eine Dimension, die man eine dialogische nennen kann. Er schöpfte für diese Erkenntnis aus der hebräischen Bibel. Der in der Verantwortung stehende Mensch, der hört und seinem Gott geistes-gegenwärtig antwortet: "Hinéni" ('hier bin ich') ist ein großes Thema in der hebräischen Bibel. Das dialogische Zwischen äußert sich auch im "Bund" zwischen Gott und Mensch.

Nicht sei doch Streitigkeit zwischen mir und dir (Gen. 13,8)
Und ich werde meinen Bund zwischen mir und dir geben (Gen.17,2)
Ich errichte meinen Bund zwischen mir und dir (Gen. 17,7)
was ist das aber zwischen mir und dir? (Gen. 23,15)
und etwas sei da zu einem Zeugen zwischen mir und dir (Gen. 31,44)
Wacht halte er zwischen mir und dir (Gen. 31,49)
sieh, ein Gott ist Zeuge zwischen mir und dir (Gen. 31,50)
Der Heilige soll zwischen mir und dir sein (I Sam. 20,42)
Es ist ein Bund zwischen mir und dir (I Kön. 14,19; II Chro 16,3)

 

In mythischen Erzählungen markiert das Zwischen den Übertritt des Mythenhelden in das Reich des Unbewussten über die "Schwelle" (s. Der Mythenzirkel nach J. Campbell). Die Schwelle als Bereich des Zwischen ist auch aus biblischen Erzählungen bekannt, beispielsweise die aus der Exodusgeschichte mit Blut bestrichenen Türpfosten und obere Türschwelle der israelitischen Häuser.

Auch in der modernen Literatur ist das Zwischen thematisiert. Auf dem philosophischen, psychologischen und psychiatrischen Sektor nimmt die Sammlung an Fachliteratur  100 Jahre nach Martin Bubers Ich und Du stetig zu, weniger Beachtung findet das Zwischen in der Literaturwissenschaft. (Die auf dieser Seite veröffentlichten Beispiele aus der Lyrik sind leider dem Upgrade zum Opfer gefallen und können nicht mehr aufgearbeitet werden. Zu Admiel Kosmans Gedichten s."Aus dem Zwischen des Hohelieds").

Zurück zum Anfang. Die Griechen nannten das Zwischen "Metaxý". "Das Metaxy-Problem" von Christian L. Lutz